FLORES | TIKAL
Nun stand er also an, unser erster Grenzübergang innerhalb unserer Reise. Dies bedeutet zeitgleich, dass wir Mexiko verlassen und unser erstes Land damit (fast) abhaken. Wir buchten uns eine Busfahrt nach Flores in Guatemala und sicherten uns, nach Prüfung mehrerer Reiseagenturen, die Tickets. Letztlich war das Angebot überall dasselbe und somit hatten wir aufgrund der mangelnden Vielfalt keine Qual der Wahl. Es gibt zwei Wege von Palenque Mexico nach Flores Guatemala zu gelangen. Eine 10 stündige Busreise, die wie folgt abläuft: 4,5 Stunden Busfahrt, dann 15 Minuten mit einem Boot die Grenze überqueren und abschließend nochmal 5,5 Stunden im Chickenbus über Stock und Stein. Wie verlockend! Oder aber man fährt für 4,00 € Aufpreis lediglich 3,5 Stunden in einem Kleinbus, kurz per Pedes über die Grenze schreiten und dann wieder 3,5 Stunden im Kleinbus. Die Entscheidung fiel uns nicht besonders schwer und so zahlten wir die extra Pesos gerne. Wir fragten uns aber auch gleichzeitig, wer sich überhaupt für den anderen Transportweg entscheidet? Wohl nur Indianer Jones oder Menschen, die sich sonst gerne quälen lassen. Wir wurden am Abfahrtstag pünktlich um 10:00 Uhr in unserer Unterkunft abgeholt und begrüßten den Fahrer mit Handschlag. Davon völlig überrascht, gab es nur ein kurzes Knurren zurück. Na herrlich, dann rein in den Minivan und ab ins Land Numero Dos. Nachdem wir drei weitere Fahrgäste, allesamt das Ziel Flores im Sinn, eingesammelt hatten, ging es Richtung Grenze. Der Fahrer hielt für eine kurze Pinkelpause und fuhr ansonsten, professionell die Schlaglöcher umgehend, die Strecke entlang. In seinem früheren Leben war er schätzungsweise der ehemalige Rennfahrer „El Karacho". Der Ausblick war super schön und das satte Grün mit der fruchtigen Landschaft ließ alle im Bus stumm aus den Fenstern starren. An der Grenze angekommen, stiegen wir samt Gepäck aus dem Minivan aus. Die Grenzübergänge verliefen reibungslos und so hieß es: Ausreise - Einreise und Hola Guatemala!
Aber keine Ausreise ohne einen Extra-Obolus für den Grenzbeamten. Der Preis für die Ausreisegebühr war um fast 5 € pro Person gestiegen. Ein selbst ausgedrucktes Papierstück der Grenzbeamten, wunderschön in Comic Sans Schrift gestaltet, sollte das offizielle Manuskript der mexikanischen Regierung entkräften. „Aaah, so läuft das hier, verstehe!“ bekam dann auch der Grenzbeamte direkt von Rouven, auf deutsch, an den Kopf geschmissen. Ein Fragezeichen im Blick des Uniformierten und ein rot anlaufender Kopf von Rouven standen sich gegenüber. Wer hier den Kürzeren zieht war klar. Also zahlten wir zähneknirschend und verließen Mexiko in Richtung Einreisebüro von Guatemala.
An der Passkontrolle in Guatemala schickte man uns in ein kleines Kassenhäuschen, wo wir den Stempel erhalten sollten. Während die Mexikaner auf Ihrer Seite die Klimaanlage auf volles Programm gestellt hatten, ließen die Guatemalteken ihrem Schweiß freien Lauf. Alle aus dem Bus schauten sich an und waren gemeinsam im Schmelztiegel gefangen. Selbst der finnische Saunameister wäre hier an seine Grenzen gestoßen und hätte das Handtuch geschmissen. Der 10 m2 große Raum kochte, aber die guatemaltekischen Beamten lächelten uns nur freundlich entgegen. Denen schien das Alles nichts auszumachen. Ein Blick nach rechts verriet mir, dass auch Rouven sichtlich Probleme mit dem Klima hatte. Ich bezweifelte, dass man sein Einreiseformular nach Unterschrift überhaupt noch lesen konnte, denn der Zettel und sein Unterarm waren inzwischen eins. Das Schriftstück schien sich zu verflüssigen, der Kugelschreiber verlief, doch den Beamten kümmerte es herzlich wenig. Noch vor Vollendung der Formulare erhielten wir unseren Pass samt Stempel zurück. Das nenne ich mal Vertrauen. Gracias! Zwei Saunaaufgüsse später waren wir dann wieder an der „frischen“ Luft. Aufregend, dass wir nun unseren zweiten Stempel im Weltreisepass bekamen. Da die Mexikaner ihre Stempelkissen nur touchierten, freuten wir uns über einen gut leserliches Exemplar aus Guatemala.
Nach einem Fahrerwechsel begrüßte uns ein kleiner Guatemalteke im Minivan und wir fuhren weitere 3,5 Stunden durch die Landschaft. Diese veränderte sich mit Grenzübertritt drastisch und aus dem satten und saftigen Grün wurde karge, trockene Graslandschaft. Die lange Dürre hatte ja auch gerade die Grenze überschritten. Dafür wurde es noch bunter, als wir es aus Mexiko gewohnt waren. Und scheinbar war zudem Waschtag, denn in allen Vorgärten hingen knallbunte Wäsche von den Leinen und wogen sich im Wind. Als wir durch ein weiteres Dorf fuhren, sah ich einen kleinen Jungen, der gerade einen Autoreifen am Baum befestigte. Seine Freude im Gesicht, dass er sich eine Schaukel bastelt, war kaum zu überbieten. Mit so wenig so glücklich zu sein, dass wünsche ich manch verwöhntem Kind in Deutschland.
Neben unserem guatemaltekischen Fahrer saß seine Ehefrau, welche ihm fleißig Chips, Kekse und Fanta reichte. Das muss Liebe sein. Die gut genährte Frau verbreitete Ruhe und Gemütlichkeit. Ein kurzes Nickerchen und ein Hörbuch später waren wir fast da. Nur noch kurz über die Wasserstraße auf die Insel, dann hätten wir es geschafft. Da tauschte sich plötzlich Gemütlichkeit gegen Unruhe aus. Die eben noch im Takt des Motors wippende Frau wurde gegen einen lauten und hektischen jungen Mann ausgetauscht. Rouven sah mal wieder, was mir verborgen blieb. Neben dem Auto stand beim Beifahrerwechsel ein Mann mit Schrotflinte. Wieso ich sowas immer verpasse, ist mir ein Rätsel. Vielleicht ist das aber auch besser so. Ich würde wohl nicht mal eine Entführung mitbekommen. Der Mann im Auto hatte keine Waffe. Jedenfalls trug er keine offen zur Schau und so fuhren wir weiter auf die Insel zu. Kaum eingestiegen, sabbelte der Typ direkt auf uns los und erzählte, dass er Tourguide sei. Wir würden jetzt schnell zu einem Geldautomaten fahren, damit wir Quetzal abheben können, um dann weiter auf die Insel Flores zu fahren. Angeblich gibt es auf der Insel nur einen Geldschalter, welcher jedoch meist über keines verfügt. Ein etwas befremdlicher Gedanke und so ganz glaubte keiner dem Kerl. Wir stiegen also aus und prüften den angesteuerten Geldautomaten. Dieser stand mitten in einem Supermarkt. Nein danke, sagte wir. Wir würden dann lieber zu einer offiziellen Bank. Aus dem eben noch merkwürdigen, aber sympathischen Mann verwandelte sich blitzschnell ein übellauniger und arroganter Arsch. Er fuhr widerwillig zu einer Bank, die wiederum unsere Karten nicht akzeptierte. Er sagte permanent, dass wir nun endlich Geld abheben sollen und dass Visa nur hier und Mastercard nur dort funktioniere. „Vamos!“, raunzte er uns an. Offensichtlich war er wohl sauer, weil wir seine Touren nicht buchen wollten. Wir Passagiere schauten uns alle stutzig an. Zurück am Ausgangs-Automaten, folgte dann ein neuer Versuch. Rouven war wie immer etwas vorsichtiger, als die jungen Backpacker in unserem Minivan und passte derweil auf das gesamte Gepäck auf, während wir anderen versuchten Scheine zu ziehen. Sollte der Kerl nämlich recht behalten, ist man ohne Geld auf der Insel aufgeschmissen. Der Van tuckerte über die Wasserstraße auf die Insel und hielt nach ca. 5 Minuten. Endstation. Der patzige Mann stieg aus und sagte nur „Your Hotel is 4 Blocks from here. Bye!“ Froh, dass wir nun da waren, schmiss ich Googlemaps an und wir bahnten uns den Weg. Schnell stellten wir fest, dass der Typ bewusst an unserem Hotel vorbeigefahren ist und uns an der entlegensten Stelle der Insel rausgeschmissen hat. Welch netter Einstieg in Guatemala. Was hatte der eigentlich für einen Auftrag? Außer uns zu verärgern und Guatemala in ein schlechtes Licht zu rücken? Schaffte er aber nicht, denn Arschlöcher gibt es überall. Wir freuten uns auf die bevorstehende Zeit. Im Hotel angekommen, bezogen wir unser Zimmer mit Balkon und Seeblick. Laut Reservierung hatten wir sogar Oceanview. Wie sie hier noch schnell das Meer hinzaubern wollten war uns ein Rätsel. Das Zimmer war ganz in Ordnung. Seine besten Zeiten hatte es bereits hinter sich und war schon ziemlich abgewohnt. Das Highlight war jedoch der tolle Ausblick. Der See (oder das Meer?) lag uns zu Füßen. Flores gefiel uns sofort und die Umgebung strahlte eine besondere Atmosphäre aus.
Wir freuten uns auf drei Tage Guatemala. Vor allem auf eine Bootsfahrt bei Sonnenuntergang und Bier auf dem See. Manchmal muss es eben Kitsch sein.
Am nächsten Tag überlegte ich, dass wir uns umbenennen sollten. Vielleicht in „A tired Day“, denn mal wieder hatten wir nicht gut geschlafen. Die Hitze draußen und die Kälte durch die Klimaanlage drinnen waren schwer in der Nacht zu vereinbaren. Denn Klimaanlagen sind sehr eigen. Nach der Reise sind wir vermutlich Klimaanlagenforscher.
Wir machten uns fertig und starteten in den Tag. Viel konnte man auf der Insel sowieso nicht tun, also gingen wir es langsam an. Tagesziel war die Buchung der Weiterfahrt nach Belize und der Tickets für die Busfahrt nach Tikal. Aber zuerst brauchten wir etwas zwischen unsere Kauleisten. Wir liefen das Wasser entlang und suchten nach etwas ansprechendem. Am Ende landeten wir im Lokal direkt neben unserem Hotel. Ein Omelett und ein Sandwich später klapperten wir die Travel Agencies für unsere Ticketwünsche ab. So klein die Insel auch war, an Touren- und Ticketangeboten mangelt es nicht. Alle Händler waren mit den unterschiedlichsten Preisen ausgestattet und würfelten diese fleißig hin und her. Wir entschieden uns für die Tikal Tour am Folgetag früh um 4:30 Uhr. Die Anlage soll gigantisch groß sein und der Andrang an Touristen startet meist ab 9:00 Uhr. Die Fahrt dauert ca. 1,5 Stunden und somit hätten wir genug Zeit, alles im Morgengrauen zu erkunden. Außerdem ist das Klima ganz früh morgens noch am Erträglichsten.
Am selben Tag noch entschieden wir uns dafür, eine Bootstour auf dem See bei Sonnenuntergang zu machen. Rosamunde Pilcher lässt/ließ grüßen! Wie liefen schon tagsüber an der Uferpromenade entlang und fragten die Bootsmänner nach ihren Preisen. Einer war uns bereits am Vortag bei der Anreise sympathisch aufgefallen und so landeten wir schlussendlich auch bei ihm. Miguel, der herzlichste Mensch von Flores. Wenn er lachte, strahlte sein ganzes Gesicht und die fehlenden Zähne in seinem Mund rundeten das Bild des Kapitäns ab.
Wir sagten ihm, dass wir gegen 17:00 Uhr bei ihm wären und freuten uns auf sein altes, in Rot angestrichenes Holzboot. Vor Antritt der Fahrt organisierten wir uns noch ein paar Büchsen „Gallo“ Bier und dann ging es auch schon los. Pünktlich wartete er am Anleger auf uns und half, ganz gentlemanlike, in das Boot hinein. Seine Hände fühlten sich rau und dick an, die Hitze und das schroffe Arbeiten mit dem Boot spürt man ihm an. Schnell kamen wir ins Gespräch und das spanisch sprechen mit Miguel war ein Genuss. Mit meinen paar Brocken, die ich inzwischen gelernt habe, freute ich mich über diese Konversation. Er erzählte viel über Land und Leute und genoss sichtlich die Fahrt. Rouven schoss derweil fleißig Fotos und stolperte von einer Ecke in die andere, um auch alle Spots getestet zu haben. Bei einem Boot in der Länge von 4 m war das schnell erledigt und wir öffneten unser Bier. Natürlich boten wir unserem Kapitän ebenfalls ein Döschen an und er schenkte uns sein strahlendes, zahnloses Lächeln. „Salute Amigo“.
Die Sonnenuntergänge in Flores waren tatsächlich traumhaft schön. Die Instagramgemeinde würde hier voll auf Ihre Kosten kommen, denn der Filter lag bereits über dem See. Das Licht war warm und spiegelte sich glitzernd nieder. Die Brise um uns herum war erfrischend und ließ uns alle durchatmen. Eine Stunde später setzen wir wieder am Anleger an. Glücklich und dankbar verabschiedeten wir uns und gingen nach einem kurzen Abendessen zurück ins Hotel. Schließlich sollte der Wecker morgen um 3:30 Uhr klingeln.
Pünktlich, wie es nur die Deutschen sein konnten, standen wir um 4:15 Uhr am Abholort für die Fahrt nach Tikal auf der Matte. Zwei bis drei Leute waren bereits vor Ort und warteten ebenfalls auf den Bus. Zwei Busse fuhren zeitnah auf den Schotterplatz und die Fahrer baten uns noch um ein wenig Geduld. Hier ticken die Uhren generell etwas anders und manchmal bleiben sie auch stehen. Dass wir nicht ganz pünktlich loskommen würden, war uns bereits im Vorfeld bewusst. Ein kleiner Minivan und ein etwas größerer alter Schulbus standen bereit. Nachdem noch ein paar weitere Leute Anschluss fanden, wurde der Minivan gefüllt. Wir sollten ebenfalls einsteigen, hatten aber keine Lust auf diese winzige Blechschleuder. Rouven zog, wie aus der Pistole geschossen, seinen Joker und zeigte auf seinen Fuß „I need space! I have a broken leg.“ Verständnislos blickten uns die Fahrer an, deuteten aber an, dass wir in den größeren Bus durften. Glück gehabt dachten wir noch, nicht wissend, was darin auf uns lauerte. Der Minivan war inzwischen voll und stand dennoch weiterhin bewegungsunfähig auf dem Platz. Derweil durften auch wir in den alten Schulbus einsteigen und suchten uns zwei Plätze hintereinander am Fenster. Zum Glück ließen sich diese öffnen und so strömte die immer wärmer werdende Luft in das Fahrzeug. Zu sechst saßen wir nun drin und die anderen vier waren ebenfalls aus Deutschland. Mir fiel sofort auf, dass ich einen von ihnen kannte. Er ist mit uns gemeinsam von Düsseldorf nach Cancun geflogen. Dass wir ihn hier in Guatemala, um 05:30 Uhr in dieser kleinen „Hämorrhoidenschleuder“ wieder treffen, zeigt wieder einmal, wie klein diese Welt doch ist, auf der wir leben. Zumal er auch eine ganz andere Route eingeschlagen hat und über Belize nach Guatemala seinen Weg fand.
Der Bus hatte einen schmalen Gang zwischen den Sitzen. Bei Bedarf konnten dort weitere Sitze hinein ausgeklappt werden. Rouven scherzte noch darüber, wie eng es sein müsste, wenn die einmal ausgeklappt werden. Da hörten wir bereits ein Donnern… und dieses Donnern kam näher und näher. Hätten wir ein Wasserglas vor uns gehabt, es hätte gezittert. Ein Blick aus dem Fenster und wir schluckten. Eine ganze Armee an Backpackern steuerte unseren Bus an. Der Fahrer schien genau so überrascht wie wir und wählte hektisch eine Tastenkombination ins Telefon. Ich schätze mal, er organisierte 20 weitere Busse, um diese Masse abzufertigen. Weitere Zeit verstrich und die wilde Horde wartete ungeduldig auf den Einlass, so wie wir auf die Abfahrt. Da öffnete der Fahrer die Tür, klappte alle Sitze um und die Schnellsten strömten mit ausgebreiteten Ellenbogen herein. Selbst Klaustrophobie hätte im Bus keinen Platz mehr gefunden. Auch die Mitreisenden von Palenque in Mexiko nach Flores Guatemala trafen wir wieder. Schön, hier und da mal bekannte Gesichter zu sehen. Weshalb wir weitere 30 Minuten eingepfercht in der Sardinenbüchse ausharren mussten bevor es losging, hat sich bis heute nicht geklärt. Der Fahrer versprach der wartenden Menge, dass bald ein neuer Bus kommt und wir fuhren von Dannen. Ob die Leute im Minivan, welcher weiterhin stillstand, noch am Leben waren konnten wir nicht sagen. Es war noch dunkel und Fenster zum Öffnen gab es in ihrer Kutsche nicht. Wir waren so unendlich glücklich, dass wir beide einen Sitz am Fenster hatten. Es machte die Fahrt etwas erträglicher. Man sollte es kaum glauben, aber zwischendurch hielt der Bus an um zwei weitere „Bekannte“ des Fahrers einzusammeln. Was die Kapazitätsauslastung von Bussen angehnt, hatten wir nun indische Verhältnisse erreicht. Sie quetschten sich in die Tür, welcher Rouvens eigentlicher Fußraum war. Aber wo sollten sie auch sonst hin, es war nur noch schwebend unter der Decke Platz. Die Zwei entpuppten sich mal wieder als Tourguides.
Dann ging alles schneller als erwartet und um 6:00 Uhr standen wir am Kassenhäuschen von Tikal. Bezahlen, Bändchen um, Tickets in die Tasche und dann erneut rein in den Bus. Denn vom Kassenhaus ging es weitere 8 Kilometer bis zum Eingangstor.
Wir hatten beim Kauf der Tickets für den Bus lediglich für den Transfer bezahlt, denn diese geführten Touren sind bekanntermaßen nichts für uns. Überrascht stellten wir fest, dass wir mit einem anderen Paar die einzigen waren, die keine Tour gebucht hatten. Ungewöhnlich, denn es waren ausnahmslos alles Backpacker und Individualreisende unter 30. Üblicherweise bucht diese Generation Rucksack keine Gruppenführungen. Ein paar Informationen über die Anlage bekamen wir freundlicherweise noch vom Guide, da diese sehr groß war und er nicht wollte, dass wir im Dschungel verloren gehen. Wir stiegen also aus und passierten den Einlass. Und wie könnte es anders sein, direkt zu Beginn latschten wir in die falsche Richtung. Genial. Umgedreht, zurückgegangen und dann den korrekten Weg eingeschlagen, gelangten wir auf den großen Platz. Hier strahlten uns zwei gegenüberliegende Tempel an. Der Jaguar Tempel war nicht nur vom Namen her imposant, sondern bot auch eine tolle Kulisse.
Ein paar Videos hier und ein paar Schnappschüsse da, verließen wir nach einer Weile den großen Platz und liefen zum größten Tempel der Anlage. Dieser wies eine exponierte Lage auf, die nicht von dieser Welt schien; was wohl auch George Lucas dazu bewegte, hier in den 70er Jahren Teile von Star Wars abzudrehen. Auf dem Weg bemerkten wir, dass die Tempel vom Boden aus schwer erkennbar waren, da sie auf Hügeln gebaut gen Himmel ragten. Kein Wunder also, dass ehemalige Abenteurer und Forscher solche Tempel einfach im Dickicht des Dschungels übersehen haben.
Wir erklommen die Stufen zum größten Tempel der Maya Geschichte und brauchten einen Moment diesen Anblick zu verinnerlichen. Der Regenwald lag zu unseren Füßen und wir waren in unserem Panorama der höchste Punkt. Es war nur ein Händehoch zum Himmel und in der Ferne ragten die Tempelspitzen durch die Baumkronen des Regenwaldes wie Pilze aus dem Boden.
Alles sah so gigantisch weit und fern aus. Es gibt Augenblicke, Gefühle und Szenen im Leben, die wird man nie vergessen können. Das Gefühl, welches man hier oben in sich trägt, gehört definitiv dazu!
Nachdem wir eine Stunde die Stimmung auf uns wirken ließen und Leute kommen und gehen sahen, verließen wir diesen magischen Ort. Einige Touristen kamen lediglich für ein Selfie und schauten sich die Aussicht nicht einmal ohne Display vor der Nase an. Welch ein Frevel. Zeitweise saßen wir auf dem „Balkon der Welt“ gänzlich allein und konnten uns an dem Panorama nicht satt sehen.
Wir schauten uns noch ein wenig auf dem riesigen Gelände um und verließen Tikal mittags mit dem Bus Richtung Flores. Diesmal hatten wir ausreichend Platz und konnten die Fahrt ohne klaustrophobische Anfälle genießen.
Am Abend wollten wir dann noch einen Mojito auf der Insel trinken und einen letzten Abend in Guatemala verbringen. Denn Morgen stand bereits die Weiterreise nach Belize an. Schon bei der Ankunft hörten wir, dass unsere Mitreisenden im Hostel „Los Amigos“ abgestiegen sind. Und egal mit wem man hier auf der Insel ins Gespräch kam, alle waren dort versammelt und untergebracht. So überlegten wir nicht lang und wollten uns das Mekka der Rucksackreisenden mal genauer anschauen. Da wir nicht die Typen für Dorms und Pluderhosen sind, vermeiden wir Hostels auf unserer Reise tunlichst. Wir zögerten beim Hineingehen kurz, denn von außen sah es schon sehr unscheinbar aus, dieses „Los Amigos“. Egal, eine Mojitolänge werden wir es dort schon aushalten. Drinnen angekommen staunten wir nicht schlecht. Plötzlich fanden wir uns in einer Szenerie von Leonardo Di Caprios „The Beach“ wieder. Überall waren gemütliche Sitzecken, bunte Lampen und Schaukeln hingen vom Firmament und an manchen Stellen öffnete sich die Decke und man schaute in die Unendlichkeit. Palmen und Lianen waren wie selbstverständlich um uns herum und ein kleiner Bach floss durch das Atrium.
Mit dem Getränk in der Hand ließen wir das Gefühl auf uns wirken und entdeckten einen Hasen, der vor unseren Füßen entlang hoppelte. Was war bloß in unseren Mojitos drin? Rouven fühlte sich gleich 20 Jahre jünger und wollte gar nicht mehr weg. Er fing schon an seine Haare zu filzen und zu batiken. Tatsächlich trafen wir hier auf unendlich viele bekannte Gesichter von der Insel und auch vom Ausflug nach Tikal. Alle kamen sie hier unter.
Aus Neugier erkundigten wir uns nach den Preisen. Nicht, dass wir hier nächtigten wollten aber interessant ist es schon. So erhielten wir die Info, dass ein 10er Dorm (also 10 Personen schlafen in einem Raum in Stockbetten) ohne Klimaanlage und mit einem Waschraum im Flur für alle Bewohner, bei 90 Quetzal pro Person liegt. Das sind umgerechnet 10,50€. Das ist natürlich preiswert, aber wer will schon in einem nicht klimatisieren Raum mit 9 weiteren schwitzenden Menschen nächtigen? Höchstens der finnische Saunameister als Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft im Dauerschwitzen.
Nach einem sehr schönen Abschluss verließen wir am Folgetag Guatemala in Richtung Belize. Wir haben die Zeit hier sehr genossen und behalten dieses Land in guter Erinnerung.
So passierten wir die zweite Grenze unserer Reise und fuhren um 8:00 Uhr morgens Richtung Belize. Die Fahrt sollte 2,5 Stunden inklusive Grenzübertritt dauern und wir waren gespannt. Als wir losfuhren saßen wir in der vordersten Reihe beim Fahrer und hatten dennoch so gar keinen Ausblick. Alles war mit Gardinen zugezogen. Naja, Hauptsache der Fahrer sah ausreichend. Der Bus war angenehm leer und wir packten uns Musik auf die Ohren. Keine 5 Minuten gefahren, hielt der Fahrer an und zwei weitere Passagiere stiegen dazu. Ein spanisch sprechendes Ehepaar schätzungsweise Mitte 60. Sie sollten unser Verderben sein. Nicht nur, dass sie angeblich unsere Sitzplätze reserviert hatten und uns somit vertrieben (ob das stimmt bezweifle ich sehr stark); der Mann war krank und nieste und hustete den ganzen Bus voll. Ein Glück saß ich auch nach Vertreibung unserer Plätze nun direkt hinter ihm… Lucky me! Also wieder Motor an und jetzt aber Richtung Grenze Belize, bitte schön. Denkste! Denn für 23 Kilometer brauchten wir bereits 1:30 Stunden Fahrt. Da können wir auch gleich zu Fuß gehen. Ein Stop hier, einmal Auftanken dort, dann noch mal Reifen aufpumpen und oder einfach auf der Fahrbahn 10 Minuten stillstehen. Ohne Grund, ohne Stau, ohne jeglichen Sinn. Höhepunkt der Fahrt waren wieder unsere zwei Spezialisten vor uns, die ihre Sitze so weit nach hinten lehnten, dass wir nun so gar keinen Platz mehr hatten. Rouven schrie noch kurz auf, denn seine Kniescheiben waren zeitweise zwischen dem Futter und den Spiralfedern der Rücklehne eingekeilt. Seine Beine waren einfach zu lang, als dass die Frau ihre Rücklehne hätte vollständig ausladen können. Es schien beide nicht sonderlich zu interessieren und so genossen sie ihre Fahrt. Der kranke Mann lag nun quasi auf meinen Schoß und ich bemühte mich die kommenden 2 Stunden nicht mehr zu atmen. Der Grenzübergang verlief reibungslos und wir fuhren danach nur noch weitere 15 Minuten bis San Ignacio. Unser Ziel für die nächsten vier Nächte. Die Menschen und die Sprache veränderten sich sofort und wir sind gespannt darauf, welche Geschichten Belize uns erzählen wird.
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