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  • AutorenbildMaj & Rouven

#storyderwoche 08

Er schenkte uns sein Lächeln.


Es gibt Momente und Augenblicke im Leben, die einen bewegen. Die einen mitnehmen auf eine Reise in andere Welten, in andere Denkweisen und entschleunigen. Sie lösen etwas in einem aus, etwas Schönes, etwas Besinnliches. Unsere Begegnung mit Mr. Soknang in Kambodscha war eben eine solch wunderschöne Erfahrung und eine Lehre für unser Leben. Der Tuk Tuk Fahrer Mr. Soknang wurde vom Hotel geschickt, uns am Flughafen abzuholen und begrüßte uns mit unserem Namensschild und seiner puren Herzlichkeit in Form eines breiten Lächelns. Schnell wuchs die Sympathie und wir buchten noch vor Ankunft im Hotel für die kommenden zwei Tage Tuk Tuk Fahrten durch Angkor Wat mit ihm. Pünktlich um 5:00 Uhr morgens holte er uns am Folgetag ab und selbst durch die tief schwarze Nacht hinweg erstrahlte die Umgebung durch sein Lächeln. Bei dem so überwältigenden Besuch der Tempelanlagen Angkors kamen wir oft mit Mr. Soknang ins Gespräch und beim Essen, welches wir stets untereinander teilten, erzählte er uns, dass er nach dem buddhistischen Glauben lebt. Er versuche auch bei bösen oder schlechten Menschen immer die Ruhe und Güte in sich zu finden und sich nicht von schlechten Gefühlen leiten zu lassen.

Er wird geleitet von tiefer Dankbarkeit dem Leben gegenüber und von einer inneren Zufriedenheit. Den ganzen Tag über fühlten wir uns in seiner Gegenwart sehr gut aufgehoben. Waren dankbar für die Begegnung mit ihm und allmählich schwappte sein Frieden auch auf uns über. Nachdem ich bereits eine Woche mit einer fiesen Erkältung zu kämpfen hatte, ging es mir auch am ersten Tag von Angkor noch nicht besonders gut und Mr. Soknang bemerkte meine schwindenden Kräfte. Er schickte Rouven zur nächsten Tempelanlage, parkte sein Tuk Tuk im Schatten und spannte eine Hängematte für mich auf. „You can sleep.“, waren die letzten Worte die ich hörte, bevor ich in einen tiefen Schlaf der Erschöpfung fiel. Es war genau das, was ich brauchte. Eine Stunde Ruhe, eine Pause und Schlaf. Er fühlte sich in mich hinein und gab mir das Geschenk der Ruhe in Form seiner Hängematte, die standesgemäß direkt im Tuk Tuk aufgespannt wurde. Nach einem schönen Sonnenuntergang fuhren wir abends zurück zum Hotel und fragten Mr. Soknang, ob wir ihn morgen einfach für zwei Tage bezahlen sollen. Etwas schüchtern guckte er uns an und bat uns, wenigstens einen kleinen Teil des ersten Tages zu bezahlen. So könne er Essen und Trinken für seine Familie kaufen gehen.

In unserer westlichen Zivilisation sagen Menschen gerne Sätze wie: „Wir leben im 21. Jahrhundert und nicht im Mittelalter.“, oder „Willkommen im 21. Jahrhundert und dem digitalen Zeitalter.“

Doch was bedeutet das 21. Jahrhundert für arme Menschen? Mr. Soknang beispielsweise bittet um einen kleinen Teil seines Lohns, damit er von der Hand in den Mund seine Familie ernähren kann. Während in der westlichen Welt des 21. Jahrhundert tonnenweise Lebensmittel weggeschmissen werden. Täglich! Weil die Menschen dort satt sind, den Löffel aber nicht voll genug schaufeln können. Von Tag zu Tag zu leben, eine Familie zu ernähren und sich trotzdem vom Leben geliebt zu fühlen, all dies beeindruckt uns sehr und lässt uns unser eigenes Leben und die Einstellung zu manchen Dingen hinterfragen.

Auch am nächsten Morgen wurden wir wieder pünktlich um 5:00 Uhr abgeholt und ein breit grinsender Mr. Soknang winkte uns freudig zu. Nach dem Sonnenaufgang auf der Plattform einer Tempelanlage, den wir zu Dritt genossen, fuhren wir zu einem weiteren Tempel. Nach zwei Stunden auf Entdeckungstour, wartete unser Herzensmensch bereits auf uns und wir aßen noch ein paar Gebäcke und Kräcker zusammen am Tuk Tuk. Da kam eine Hündin an meine Seite und bettelte mich an. An den geschwollenen Zitzen konnte man erkennen, dass die Hündin Welpen geworfen hatte. Ich überlegte noch, ob Hunde Weizenmehl Produkte essen dürfen. Ob ich den Hund füttern darf, ob es hier verpönt ist. Da holte Mr. Soknang sein Mittagessen unter der Pritsche seines Tuk Tuks hervor. Und was dann geschah, war eine der größten und selbstlosesten Taten, die wir seit langer Zeit erleben durften.

Ohne auch nur einen kleinen Teil für sich zu behalten, opferte Mr. Soknang sein gesamtes Mittagessen der Hündin und zerkleinerte es liebevoll in mundgerechte Stücke. „Sie hat Welpen zu ernähren, sie braucht das Essen dringender als ich.“

Vollkommen sprachlos über so viel Nächstenliebe, Tierliebe und Selbstlosigkeit teilten auch wir unsere Speisen und waren überflutet von Liebe und Mitgefühl.

Mit viel Humor, wissenswerten Geschichten und viel Dankbarkeit verflog dieser wundervolle Tag. Auch die nächsten zwei Tage in Siem Reap bestellten wir Mr. Soknang als Fahrer für kleinere und größere Fahrten und es schien, dass nicht nur wir uns über das Wiedersehen jedesmal freuten. Der endgültige Abschied am Busbahnhof war Freude und Leid zugleich. Er schenkte uns Obst für die Fahrt und nach ein paar tiefen Verbeugungen und Umarmungen sagten wir Lebewohl. Zu einem Menschen, der unser Herz berührt hat, auf eine sanfte und ehrliche Art und Weise. An Mr. Soknang, so sind wir uns sicher, können sich viele Menschen auf dieser Erde ein Beispiel nehmen.



 



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